San Polo & Santa Croce geheim
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Wir besuchen die zwei meist übersehenen Stadtteile Venedigs, die sich jenseits des Canal Grande noch ursprünglicher erhalten haben als das überlaufene Zentrum von San Marco gegenüber. Hier gibt's noch echtes Einwohnerleben, versteckte Gärten und Sitzplätze an kleinen Kanälen, Casanovas Lieblingstreffs oder ein Banksy-Graffito.
San Polo ist zwar der kleinste Stadtteil, gehört aber räumlich und
historisch zum Herz Venedigs, da hier gegenüber vom "Riva Alto" (Rialto)
auf sieben Inseln mit die allerersten Siedlungen der Lagunenstadt entstanden waren.
Santa Croce wiederum beherbergt südlich vom Bahnhof einen wilden
Stil-Mix, insbesondere aus dem 19. und 20. Jahrhundert und viele der verbliebenen
Wohngebiete Venedigs.
In den beiden Stadtteilen befinden sich auch die zwei größten Campi / Plätze
nach der Piazza San Marco, wo sich noch der Alltag der verbliebenen Bewohner
beobachten lässt.
Schauen wir uns Beispiele aus dem "verborgenen" San Polo und Santa Croce an:
Sofern es mit den Öffnungszeiten sich vereinbaren lässt, führen wir Sie
in diese Katakomben; etwas ganz Besonderes.
Denn welcher Stadtteil Venedigs außer San Polo hat schon etwas
Unterirdisches zu bieten, wo Sie nicht sofort
im Wasser stehen? Es gibt hier diverse Gänge und Kammern.
Laut der Literatur sollen hier Freimaurer ihre
Hände im Spiel gehabt haben. Aber urteilen Sie selber
anhand der dort vorzufindenden Motive und Symbolik.
Der Rio de Meloni in San Polo
Ja - was ist hier gerade und was ist eben? Ganz einfach: Sauber senkrecht ist die Hauswand ganz rechts am Bildrand und waagrecht eben ist der Boden unter der Türschwelle, denn eine schräge Hanglage werden Sie nirgendwo in Venedig finden. Nein - im Verlaufe von über einem halben Jahrtausend haben sich schon mal der schlammige Untergrund und die Mauern so verzogen, dass eine Haustüre so schief werden kann. Hoffentlich muss der Schreiner nach dem nächsten Erdbeben nicht eine neue Türe anfertigen ... Gottseidank hat Venedig schon seit langem keine schlimmen Erdbeben mehr erlebt (ganz anders als im Mittelalter), da der feuchte Untergrund offenbar doch zu puffern scheint.
Westlich des Canal Grande war sozusagen immer die “B-Seite” der Weltstadt Venedig und doch wurde hier nahe der Rialto-Brücke die materielle Seite des venezianischen Welthandels abgewickelt. Hier befanden sich einerseits besonders viele Klöster, andererseits ging es hier auch besonders elitär zu. Was weniger verwundert, wenn man weiß, dass die Oberschicht ihre nicht ganz so hübschen Töchter in Klöster abgeschoben hat, weil die Mitgift für deren Verheiratung als zu teuer erachtet wurde. Da war das Kloster "billiger"; und gefragt wurde die Mädchen in aller Regel nicht, ob sie eigentlich lieber Ehefrau und Mutter werden wollten oder Nonne werden mussten. Mehr Alternativen gab es nicht - außer vielleicht Kurtisane werden; aber dafür war schon eine gewisse Attraktivität erforderlich.
Vom weltbekannte Graffiti-Künstler Banksy kennt die Weltöffentlichkeit nur seine Werke, aber weder seinen Namen geschweige denn ein Foto von ihm. Die Biennale hat ihn nie nach Venedig eingeladen - bis Banksy hier im Stadtteil 2019 dieses Graffito platzierte; prompt hat ihn daurfhin der Bürgermeister eingeladen. Davon habe ich aber nie mehr etwas gehört, aber sicherlich war daran nur Corona schuld ...
Ein Investor hat während der Coronoa-Zeit das baufällige Haus mit Banksy's Graffito
erworben, um es in ein Hotel umzuwandeln. Er versprach, das Graffito in die Hotelfassade
zu integrieren. Wir schauen bei dieser Stadtführung, was daraus geworden ist ...
Irgendwo hier im Bild liegt die "Film- bzw. TV-Terrasse" von Commissario Brunetti. Seine englische Autorin und Wahl-Venezianerin lässt ihre Bücher nicht ins Italienische übersetzen um hier anonym bleiben zu können. Und so sind die Fernsehfassungen eigentlich eine rein deutsche Angelegenheit.
Dieser kleine Garten lädt zum Verweilen ein. das Gartentor vorne rechts steht offen, da der Garten zu einer staatlichen Institution gehört, die aber von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert wird. Schön für unsere Führung!
Das sind die Druck-Lettern einer richtig alten und klassischen Druckerei,
die heute nicht viel anders
und traditionell arbeitet wie bereits vor gut 500 Jahren die ersten Druckpressen.
Die geschäftstüchtigen
Venezianer hatten so ziemlich als erste außerhalb von Deutschland begriffen,
welche technologisch-geistige
Revolution der gute Guttenberg da in Mainz erfunden hatte.
Bereits 50 Jahre später hatten sie Venedig als DAS Druckzentrum Europas
etabliert - die bisherige Handelsmetropole zwischen drei Kontinenten war
im Abstieg und brauchte neue Geschäftsfelder.
Zudem durfte - anders als unter den zensurwütigen Fürsten Europa - in der
Republik Venedig so ziemlich alles gedruckt werden, außer es enthielt
Kritik an der durchlauchtigsten Serenissima und ihrer
Staatsinquisition ( d.h., an ihrer republikinternen Stasi ).
Mit der Verbreiterung dieser Haustüre im untersten Bereich hat es eine besondere Bewandtnis: Hier wurden Weinfässer hinein und heraus gerollt.
Warum endet da vorne an der Treppe das Wasser und öffnet sich da hinten eine richtige Straße? Weil dieser Kanal im 19. Jahrhundert einfach zugeschüttet wurde, so wie 50 weitere Kanäle um in dieser angeblich rückständigen und untergegangenen "Biber-Republik" (Goethe) Platz zu schaffen für Reiter, Kutschen und Militär sowie die ganzen Waren, die da jetzt mit der Eisenbahn über den neuen Verbindungsdamm vom Festland her anrollten. Nach der Niederlage Napoleons war das Kaiserreich Österreich der neue Herr in Venedig (immerhin mit einer k.-&-k.-Marine samt Kriegshafen Triest nebenan). Man wollte im 19. Jahrhundert aus Venedig eine ganz normale Stadt mit Straßen machen. Warum und woran das dann aber doch scheitern sollte, erzählen wir Ihnen bei dieser Führung. Übrigens: Reiten ist in Venedig seit einigen Jahrhunderten verboten und Fahrradfahren inzwischen auch! Was Mobilität betrifft, bleibt Venedig stockkonservativ und akzeptiert bis heute ausschließlich Verkehrsmittel, die schon vor der Sintflut üblich waren: Nur zu Wasser und zu Fuß, auch keine Radfahrer; warum auch? Sie würden ständig an der nächsten Brücke scheitern.
Traditionell stand das katholische Venedigs eher in Opposition zur römischen Kirche. Vielleicht kamen darum die Reformpäpste des 20. Jahrhunderts beide aus Venedig, d.h., sie waren zuvor hier Erzbischof. Hier eine Gedenktafel für einen der beiden Patriarchen. Ironisch das Graffito darunter mit allen möglichen Wünschen für's Jenseits.
Ältere Reiseführer beschreiben noch, dass man an der PONTE DEL VINANTI in einem extrem niedrigen Sotoportego / Durchgang am Decken-Putz Tausende von hinterlassenen Kaugummis finden könne. Aber das war mal und gehört zu den schon lange überholten Legenden vom schmutzigen Venedig samt übel riechender Kanäle. Im heute aufgeräumten und sauber geleckten Venedig dürfen Sie getrost vergessen, sowas noch vorzufinden ...
Auch bei dieser Tour erfahren Sie viel an weniger
bekannten Geschichten aus der Historie Venedigs.
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